Freitag, 20. November 2015

Jules Verne Trophy - nonstop rund um die Welt

48 Stunden vor dem Start. Ich sitze im Flieger. Bei einem Tee und ein paar Nüssen bereite ich meine persönlichen Dinge vor. Genauer, mein persönliches Ding. Das Einzige, was ich für die kommenden fast zwei Monate mitnehme, ist mein iPhone in einer wasserdichten Hülle. Dazu habe ich ein paar wasserdichte Bluetooth-Kopfhörer.
Freunde haben mir Hörbücher empfohlen. Albernes Zeug wie die Känguru-Chroniken. Ich hab meine Musik, Ted-Talks, ein Album persönlicher Fotos und ein paar Bücher in der Kindle-App: Eins von Marc Bielefeld, einem befreundeten Autor, einen schönen Schmöker vom Hamburger Ankerherz-Verlag, etwas politisches Zeug, ein Buch über Klimawandel von Naomi Klein, etwas über meine neue Leidenschaft Kitesurfen, ein Buch über Glück von Matthieu Ricard, etwas über den Afghanistan-Krieg von Sebastian Junger (falls ich in kriegerische Stimmungen komme), leider keinen richtigen Roman – eigentlich alles nichts so recht für an Bord.

Man weiss ja nie: Wenn etwas unplanmäßig verläuft, könnte uns die Zeit lang werden: (Ich male das nicht weiter aus, weil ich als Seemann total abergläubisch bin). Wenn alles nach Plan läuft, werd ich ohnehin nicht viel Zeit haben. Es hilft mir manchmal zum Einschlafen, zum Runterkommen 5 Minuten Musik anzumachen oder ein Hörspiel. Wir schlafen ja nur zwei Stunden am Stück – ein völlig verrückter Rhythmus – Lesen und alles andere wird rar. Ich nehme mir vor, diesen Luxus so lange wie möglich aufzubewahren, gerade in den ersten Wochen mich voll und ganz zu konzentrieren und mich nicht abzulenken.

Ich habe mein iPhone in der Vergangenheit oft für persönliche Videos und Fotos genutzt und bei Vorträgen gemerkt, dass diese Erinnerungsvideos oft besonders wertvoll sind, da vollkommen ungestellt. Außerdem habe ich auf dem Gerät eine App, um den Navigationscomputer zu spiegeln. Somit kann ich uns sicher zwischen den Steinen der Bretonischen Küste zur Startlinie navigieren. Als Backup für einen eventuellen Blackout sind auch Seekarten auf dem Gerät.

Ich frag mich, ob ich auf der Luv-Seite, wo keiner steht, heimlich mal meinen Bluetooth-Knopf ins Ohr stecken werde, wenn ich im Passatwind am Steuer stehe – mit etwas treibender, elektronischer Musik bei 38 Knoten Speed. Auf Maserati hat mir das oft geholfen, mich beim Steuern auch nach einer Stunde weiter zu konzentrieren. Vom Steuern hängt sehr viel ab, unsere Sicherheit und unser Speed. Man kann ganz leicht 5 Knoten schneller und langsamer steuern. Wenn man den scheinbaren Wind rausschoss verliert, dauert es wieder einige Minuten bis zum vollen Speed. Das sind bis zu 10 Knoten Speedunterschied.

Den Kopf ein Stück ausschalten
Anyway, all diese Gedanken sind mentale Maßnahmen zur Beruhigung. Mit der Realität so eines Rennens hat es wenig zu tun. Was es wirklich braucht, ist es loszulassen, die Lieben daheim zurückzulassen, zu akzeptieren, dass man startet und all diese Reize für eine Weile entbehrt. Man muss sich selbst vergessen, den Kopf ein Stück ausschalten, das Ego ausblenden. Es geht nur um diese 45 Tage 13 Stunden 42 Minuten und 53 Sekunden. Eine Minute müssen wir schneller sein.

Das ist es, worauf ich mich jetzt freue.- Ich bin sehr gespannt. Mich fasziniert die Herausforderung dieser Route, ich habe ordentlich Respekt. Bericht: Boris Herrmann. Vorbericht >

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